Stellungnahme für Thüringer Landtag

Wir haben heute ein Schreiben des Thüringer Landtages erhalten und gebeten, schriftlich zu zwei Anträgen Stellung zu nehmen. Dabei handelt es sich um

Der komplette Vorgang enthält noch weitere Dokumente. Ich habe unten beide Inhalte mal aufgenommen.

Schaut euch bitte den Text mal an und überlegt, ob ihr hierzu etwas beitragen könnt. Wir können hier als Hackspace unsere Meinung mit einbringen. Daher würde ich mich freuen, wenn ihr einen Kommentar zu einzelnen Punkten (Fragen, Anmerkungen etc.) könntet.

Antrag der CDU-Fraktion

  1. Der Landtag stellt fest, dass
    1. Thüringen den Zeitplan zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes nicht einhalten wird;
    2. die Bereitstellung von Formularen als PDF zum Download nicht die Anforderungen der Digitalisierung erfüllt;
    3. umgesetzte Projekte wie der Zuständigkeitsfinder und die Behördentelefonnummer allenfalls erste Schritte sein können;
    4. die Mehrzahl der Kommunen nicht über das Personal verfügt, eigene Digitalisierungsprojekte zu entwickeln und deshalb auf fertige Lösungen zurückgreifen müssen;
    5. es Thüringen beim Breitbandausbau mit großer zeitlicher Ver-
      zögerung gelungen ist, eine fast flächendeckende Verfügbarkeit von 50 und 100 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) Geschwindigkeiten zu erreichen;
    6. 100 Mbit/s im Jahr 2022 nicht mehr zukunftsfähig sind und dass Thüringen beim weiteren Ausbau zu höheren Geschwindigkeiten im Bundesvergleich zu schlecht abschneidet;
    7. Digitalisierung, Automatisierung und künstliche Intelligenz (KI) wesentliche Schlüssel zur Bewältigung des Fachkräftemangels im öffentlichen Dienst sein werden;
    8. es der Anspruch Thüringens sein muss, sich mit eigenen Innovationen an die Spitze der Digitalisierung zu setzen, statt nur Vorhandenes zu kopieren;
    9. es in Thüringen an oberster Stelle an einem starken Bekenntnis zur Digitalisierung fehlt;
      10.Datenschutz dazu dienen soll, Daten vor Missbrauch und unberechtigter Weitergabe zu schützen, nicht dazu Aufwand zu erzeugen und Prozesse zu verlangsamen
  2. Der Landtag fordert die Landesregierung deshalb auf,
    1. die mit Digitalisierung befassten Stellen neu zu ordnen und dabei klare Zuständigkeiten zu schaffen;
    2. die Kompetenzzersplitterung in der Landesverwaltung und das Inseldenken der Ministerien im Bereich der Digitalisierung zu beenden und die Koordination zentral zu bündeln;
    3. eine Bündelungsstelle Digitalisierung in der Staatskanzlei anzu
      siedeln und darin die Aufgabenbereiche e-Government und digitale Gesellschaft sowie die Koordinierung der für Digitales zuständigen Stellen in den Fachministerien zu konzentrieren;
    4. diese Bündelungsstelle mit Durchgriffsrechten in alle Ministerien und der Budgethoheit über Digitalisierungsvorhaben aufzuwerten;
    5. die verschiedenen Fachstrategien des Landes im digitalen Bereich (e-Government-Strategie, Digitalstrategie, Digitale Gesellschaft, Digitale Bildung und so weiter) aufeinander abzustimmen und zum Teil einer ganzheitlichen übergeordneten Rahmenstrategie weiterzuentwickeln;
    6. die Digitalagentur Thüringen zu einer Ideenschmiede umzubauen, die mittels eines Grundbudgets eigene innovative Ideen entwickeln und als Projekte anbieten kann;
    7. die Vernetzung aller Digitalakteure voranzutreiben und aus durchgeführten Projekten Bausteine zu entwickeln, die Behörden und Kommunen buchen können.
  3. Der Landtag fordert die Landesregierung im Bereich des e-Governments auf,
    1. dass das Land mit gutem Beispiel vorangeht und seine eigenen Prozesse zügig digitalisiert;
    2. die flächendeckende Einführung digitaler IDs und Signaturen mit Nachdruck umzusetzen;
    3. bei der Digitalisierung konsequent auf die medienbruchfreie Prozessführung zu setzen und dadurch insbesondere für standardisierte Prozesse eine KI-Bearbeitung zu ermöglichen (beispielsweise sollte das geplante digitale Bürgerpostfach ohne menschliche Postverteiler auskommen);
    4. alle Stellen im Landesdienst vorbehaltlos daraufhin zu prüfen, ob die ausgeführte Tätigkeit durch Digitalisierung und KI vereinfacht oder vollständig übernommen werden kann;
    5. das Personalentwicklungskonzept des Landes daraufhin auszurichten und mit den Möglichkeiten der Digitalisierung die Anzahl der benötigten Stellen auf die Anzahl der vorhandenen Mitarbeiter zu reduzieren;
    6. dass das Land einheitliche Qualitätsstandards entwickelt und den nachgeordneten Behörden und den Kommunen zur Verfügung stellt, dies gilt auch für die Frage des Schriftformerfordernisses;
    7. dass im Rahmen des e-Government-Gesetzes eine Förderung
      der Kommunen weiterhin verbindlich und nicht nur als Kann-Bestimmung festgeschrieben wird;
    8. bei dieser Förderung auch die interkommunale Zusammenarbeit und Clusterlösungen, bei denen Kommunen sich gemeinsam der Aufgabe der Digitalisierung stellen, gezielt zu unterstützen;
    9. in Thüringen von Land und Kommunen bereits entwickelte Lösungen allen Akteuren als fertige Bausteine zur Übernahme anzubieten und die Entwicklung weiterer Bausteine mit deutlich höherer Priorität unter Kooperation mit weiteren Bundesländern
      voranzutreiben.
  4. Der Landtag fordert die Landesregierung außerdem auf,
    1. beim Breitbandausbau die Bevölkerung über die Bedeutung besserer Netze aufzuklären, ausschließlich auf Gigabitgeschwindigkeit zu setzen, dabei den eigenwirtschaftlichen Ausbau zu unterstützen und wo es notwendig ist, Versorgungslücken mit Förderprojekten zu schließen;
    2. proaktiv auf Kommunen mit weißen Flecken zuzugehen und dafür zu sorgen, dass die landesweite Verfügbarkeit von schnellem Internet zur Basis für gleichwertigere Lebensverhältnisse wird;
    3. sich auch in öffentlichen Erklärungen nicht länger mit Geschwindigkeiten von 100 Mbit/s zufrieden zu geben, sondern die Ambition zu zeigen, Thüringen an die High-Speed-Spitze zu führen und damit für Firmen mit digitalen Produkten zum attraktiven Standort zu machen;
    4. eine Offensive für die digitale Gesellschaft zu starten, die Bürger und Verantwortliche vor Ort mitnimmt und zur Entwicklung eigener Projekte auch in den Bereichen Kultur und Ehrenamt motiviert;
    5. die Digitalisierung der Schulen nicht nur als Notlösungen während der Pandemie, sondern als echte Zukunftschance zu begreifen und digitale Angebote auch jenseits des Heimunterrichts zum festen Unterrichtsbestandteil zu machen;
    6. in diesem Zusammenhang die eigenen Digitalisierungskonzepte der Schulen aufzugreifen und gemeinsam mit Schulträgern und Lehrkräften an deren Umsetzung zu arbeiten;
    7. für die Schulen einheitliche Standards zum Einsatz von Hard- und Software zu etablieren und für Glasfaseranschlüsse aller Schulen zu sorgen; die Landkreise sind dabei finanziell zu unterstützen;
    8. insbesondere im ländlichen Raum die Verfügbarkeit von e-Health- und Telemedizin-Angeboten zu verbessern und dabei auch Konzepte wie Telemedizin-Räume in Dorfgemeinschaftshäusern zu prüfen;
    9. sich um die Ansiedlung regionaler Rechenzentren und privater Datenhubs in Thüringen zu bemühen, um den Freistaat zur starken Datenmitte Deutschlands zu machen.

Antrag der Gruppe der FDP

  1. Der Landtag stellt fest, dass
    1. die Landesregierung mit der bis Ende 2022 fristgemäßen Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) auf Landes- und Kommunalebene scheitern wird;
    2. die Landesregierung den Zeitplan zur Umsetzung der EU-Verordnung 2018/1724 (SDG-VO) zum Single Digital Gateway (SDG) nicht einhalten kann;
    3. trotz der hohen Priorität den digitalen Wandel der öffentlichen Verwaltung zu beschleunigen, ein grobes Missverhältnis zwischen der Gesamtanzahl der Landesbediensteten und der für die OZG- und SDG-konformen Umsetzung von Verwaltungsleistungen zur Verfügung gestellten Vollzeitäquivalenten gemäß Drucksache 7/1059 besteht;
    4. die Ziele der Landesregierung in ihrer Thüringer Digitalstrategie, etwa beim „Breitbandausbau an die Spitze unter den Flächenländern anzuschließen“, „Thüringer Schulen als Orte des digitalen und vernetzten Lernens weiterzuentwickeln“, „die digitale Transformation von Unternehmen zu unterstützen“ oder „gleichwertige Lebensverhältnisse im städtischen und ländlichen Raum durch aktive Begleitung von Smart City-Projekten zu schaffen“ oder Telemedizin-Angeboten nicht ansatzweise erreicht worden sind.
  2. Die Landesregierung wird gebeten, dem Landtag zu berichten,
    1. bis wann, mit welchen Maßnahmen und mit welchem Personalressourceneinsatz die im Vollzug des Landes und der Kommunen liegenden Verwaltungsleistungen gemäß Onlinezugangsgesetz und unter Berücksichtigung der Verwaltungsprozessoptimierung gemäß § 19 Thüringer E-Government-Gesetz vollständig und flächendeckend umgesetzt werden;
    2. wie die Verzahnung zwischen den Projekten zur Umsetzung elektronischer Register gemäß Registermodernisierungsgesetz und
      der zeitgleichen Entwicklung von elektronischen Verwaltungsleisungen gemäß Onlinezugangsgesetz technisch und organisatorisch erfolgen soll;
    3. welche Fortbildungsmaßnahmen und Anreizsysteme geschaffen wurden, um mehr Landesbedienstete für die digitale Transformation der öffentlichen Verwaltung zu qualifizieren und in den jeweiligen Digitalisierungsprojekten zu beschäftigen;
    4. welchen Beitrag Thüringen zum Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung „Open Government Partnership“ bis Ende der 7. Wahlperiode leisten will;
    5. wie Thüringen beim Breitbandausbau noch in der 7. Wahlperiode an die Spitze unter den Flächenländern anschließen kann.
  3. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
    1. die bisherige Umsetzungsdurchführung des Onlinezugangsgesetzes und der SDG-VO einschließlich dem zugrundeliegenden Projektmanagement und Ressourceneinsatz anhand eines unabhängigen Gutachtens zu evaluieren und dem Landtag bis Juni 2023 darüber zu berichten;
    2. die Kommunen und den Kommunalen IT-Dienstleister KIV stärker als bisher bei der Durchführung hochkomplexer IT-Projekte mit Bezug zum Onlinezugangsgesetz, SDG-VO und Registermodernisierung zu unterstützen;
    3. Experimentier- und Reallabore in den obersten Landesbehörden einzurichten, um digitale Innovationen im Zusammenhang mit der Verwaltungsmodernisierung zu erproben und Erkenntnisse - unter Beteiligung des Thüringer Normenkontrollrats - für künftige Regulierungen zu gewinnen;
    4. alle Tätigkeiten in den Thüringer Landesdienststellen darauf hin zu untersuchen, ob die Ausführung dieser durch Digitalisierung und KI erleichtert oder komplett ersetzt werden können;
    5. eine Anpassung der Personalstrategie des Freistaats dahin gehend vorzunehmen, bei der unter Berücksichtigung der Digitalisierungsmöglichkeiten die benötigten Personalstellen auf die vorhandenen Mitarbeiter gemindert werden kann;
    6. aus den vielzähligen Thüringer Digitalstrategien eine einheitlich geltende Thüringer Gesamtstrategie zu entwickeln;
    7. die Digitalisierung zur Chefsache zu machen, zentral gebündelt in der Staatskanzlei anzusiedeln und mit der notwendigen Legitimation innerhalb der Landesregierung sowie einem leistungsfähigen Personalunterbau auszustatten

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